Menü
© 2019 Verein Für soziales Leben e. V.
Pflege ist teuer, besonders im Pflegeheim. Oft reichen das eigene Einkommen und Vermögen sowie die Leistungen der Pflegeversicherung nicht aus, um einen Heimplatz oder die ambulante Pflege zu finanzieren.
Das Recht der Sozialhilfe ist seit dem 1.1.2005 mit den sog. Hartz Reformen neu geordnet worden. Das Bundessozialhilfegesetzt (BSHG) ist ausser Kraft getreten und an seine Stelle ist das Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – SGB XII gerückt.
Kern der Neuregelung war die Zusammenlegung der Sozialhilfe, d.h. der Hilfe zum Lebensunterhalt und der Arbeitslosenhilfe zur Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem neuen Sozialgesetzbuch Zweites Buch, SGB II. Personen, die noch in der Lage sind, an mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein, erhalten diese Grundsicherung für Arbeitssuchende in Form des neuen Arbeitslosengeldes II (ALG II) und Sozialgeldes (für unerhaltsbedürftige Angehörige) und keine Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII.
Zuständig ist dann das Jobcenter. Die Neuordung hat auch weitere inhaltliche Änderungen mitsich gebracht, insbesondere eine stärker Pauschalierung der Leistungen. Viele, nach dem alten Recht neben dem Regelsatz erbrachte Leistungen (etwa Bekleidung, Haushaltsgeräte, Wohnungsrenovierung) sind nun mit diesem Regelsatz abgegolten.
Eine wichtige Neuregelung enthält auch der § 51 Abs. Nr. 6a SGG (Sozialgerichtsgesetz). Er legt fest, dass in Rechtsstreitigkeiten über eine Sozialhilfeangelegenheite i.d.R. die Sozialgerichte zuständig sind. Bis zum 1.1.2005 waren es die Verwaltungsgerichte.
Der Begriff Sozialhilfe nach dem SGB XII umfasst verschiedene Leistungsbereiche:
1. Hilfe zum Lebensunterhalt
2. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
3. Sozialhilfeleistungen in besonderen Lebenslagen
Diese beinhalten:
a) Eingliederungshilfe für behinderte Menschen (§§ 53 ff SGB XII)
b) Hilfe zur Pflege (§§ 51 ff SGB XII)
Pflegebedürftige, die auch Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten, haben die für massgebenden Rechtsvorschriften auch im SGB IX (Sozialgesetzbuch Neuntes Buch), der Eingliederungshilfe-Verordnung sowie der Budget-Verordnung zu suchen.
– Das SGB IX stellt einheitliche Grundsätze für die Leistungen der Rehabilitation und der Teilhabe behinderter Menschen. Das sind nicht Leistungen der Pflege, sondern Leistungen der Eingliederungshilfe.
– Die Eingliederungshilfe-Verordnung bestimmt detailiert, wer Eingliederungshilfe erhalten kann und welche Leistungen dort möglich sind. – In einem trägerübergreifenden Budget können Leistungen der Eingliederungshilfe und andere Reha-Leistungen mit Leistungen wegen Pflegebedürftigkeit kombiniert werden, s. § 17 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX. Die Auszahlung kann als Geldleistung oder durch Gutscheine erfolgen. Die Budget-Verordnung legt den Inhalt und das Verfahren des Persönlichen Budgets fest.
§ 3 SGB XII differenziert zwischen örtlichen und überörtlichen Trägern der Sozialhilfe.
Örtliche Träger sind die kreisfreien Städte und die Landkreise, sofern im Landesrecht nichts anderes bestimmt ist. Oft haben die Länder bestimmte Aufgaben der Landkreise auf größere kreisangehörige Gemeinden und Gemeindeverbände übertragen.
Überörtliche Träger der Sozialhilfe werden von den Ländern festgelegt. Kleiner Länder haben sich selbst zu überörtlichen Trägern bestellt, sonst haben die Länder auch Kommunalverbände als überörtliche Träger bestimmt. Überörtliche Träger können – bei entsprechender Regelung im Landesrecht – örtliche Träger zur Durchführung von Aufgaben dach dem SGB XII heranziehen, vgl. § 99 Abs. 2 SGB XII. b) schliche Zuständigkeit
Die sachliche Zuständigkeit liegt immer beim örtlichen Träger, es sei denn, in § 97 Abs. 3-5 SGB XII oder im Landesrecht ist abweichendes bestimmt. Der örtliche Träger hat somit eine sog. Auffangzuständigkeit.
Der überörtliche Träger ist z.B. zuständig für die Gewährung der Eingleiderungshilfe für behinderte Menschen und der Hilfe zur Pflege (ambulante und stationäre Pflege), vgl. § 97 Abs. 3 Nr. 1 und 2 SGB XII.
§ 98 Abs. 1 S. 1 SGB XII legt fest, dass der Träger örtlich zuständig ist, in dessen Zuständigkeitsbereich sich der Leistungsberechtigte tatsächlich aufhält. Dies ist unabhängig vom Wohnsitz.
Gem. § 98 Abs. 1 S. 2 SGB XII ist bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung der Träger örtlich zuständig, in dessen Bereich der Leistungsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Gem. § 98 Abs. 2 SGB XII ist der Ort des letzten gewöhnlichen Aufenthalts dafür entscheidend, welcher Träger die Kosten einer stationären Leistung zu übernehmen hat.
Ein Anspruch auf Leistungen der Sozialhilfe hat grds. jeder, der sich im Inland aufhält. Es handelt sich bei diesen Leistungen nicht um Versicherungsleistungen wie bei der sozialen Pflegeversicherung, sondern die Mittel für die Sozialhilfe werden aus dem allgemeinen Steueraufkommen finanziert. Entscheidend für einen Anspruch ist somit allein, ob ein sozialhilferechtlich relevanter Bedarf besteht, den der Anspruchsteller selbst aus eigenen Mitteln nicht decken kann und für den auch ein vorrangig zuständiger Träger nicht vorhanden ist.
§ 2 SGB XII stellt den Grundsatz auf, dass Sozialhilfe nicht erhält, wer sich vor allem durch den Einsatz
– seiner Arbeitskraft,
– seines Einkommens,
– seines Vermögens
selbst helfen kann oderdie erforderliche Leistung von anderen, etwa Angehörigen oder Träger anderer Sozialleistungen erhält.
Es muss also eine Bedürftigkeit gegeben sein.
§ 85 SGB XII bestimmt für die Eingliederungshilfe und die Hilfe zur Pflege (und die anderen Hilfen nach Kapitel 5 – 9 SGB XII) eine einheitliche Einkommensgrenze. Diese berechnet sich wie folgt:
Grundbetrag in Höhe des zweifachen Eckregelsatzes (ab dem 1.1.2017 bundeseinheitlich 404,- Euro)
+ berücksichtigungsfähige Kosten der Unterkunft
+ Familienzuschlag in Höhe von 70 % des Eckregelsatzes für jeden unterhaltsbedürftigen Familienangehörigen
Die Summe ist die Einkommensgrenze.
Abweichungen ergeben sich aus § 85 Abs. 2 SGB XII für Minderjährige.
Alle Einkünfte in Geld oder in Geldeswert sind grds. Einkommen. Gewisse Einkommensarten werden jedoch nicht berücksichtigt!
Es ist grds. das gesamte Vermögen zu berücksichtigen. Es gibt jedoch sog. Schonvermögen, dessen Einsatz gem. § 90 SGB XII vom Sozialhilfeträger nicht verlangt werden darf.
Für den Fall, dass das Einkommen über der Einkommensgrenze liegt, bestimmt § 87 ABs. 1 SGB XII, dass es dem Leistungsberechtigten dann zuzumuten ist, die Mittel in angemessenem Umfang selbst aufzubringen. Die Frage lautet also: was ist angemessen. Dies muss vom Sozialhilfeträger in jedem Einzelfall sorgfältig geprüft werden. Ausschlaggebend sind die Art des Bedarfs, die Dauer und Höhe der erforderlichen Aufwendungen sowie etwaige besondere Belastungen des Anspruchstellers. § 87 Abs. 1 S. 3 SGB XII bestimmt, dass bei Blinden und schwerstpflegebedürftigen Menschen 60 % des Einkommens über der Einkommensgrenze nicht berücksichtigt werden darf, also nicht einzusetzen ist.
Für den Fall, dass das Einkommen unterhalb der Einkommensgrenze liegt, kann grds. Sozialhilfe in vollem Umfang bezogen werden. Es bestehen jedoch Ausnahmen gem. § 88 SGB XII:
Insbesondere ist das in folgenden Situationen der Fall:
a) wenn die Hilfe in einer stationären oder teilstationären Einrichtung erbracht wird und man dadurch Aufwendungen für den Lebensunterhalt spart (Essen, Trinken)
b) wenn man voraussichtlich längere Zeit zur Pflege in einem Pflegeheim ist und nicht dritte Personen unterhalten muss; denn auch hier werden Aufwendungen zum Lebensunterhalt (Unterkunft, Ernährung) gespart. Dem Pflegebedürftigen verbleibt dann, wenn die Kosten im Heim höher sind als sein Einkommen, von seinen Einkünften nur ein Taschengeld.
Unterhaltsansprüche gegen Dritte sind grds. geltend zu machen. Die Gewährung von Sozialhilfe kann davon abhängig gemacht werden, dass diese Unterhaltsansprüche geltend gemacht werden. Die Träger der Sozialhilfe beachten aber nur Unterhaltsansprüche gegen:
– Ehegatten
– Lebenspartner
– Verwandte ersten Grades (Eltern, Kinder)
Die Berücksichtigung von Unterhaltsansprüche ist in den verschiedenen Bereichen der Sozialhilfe unterschiedlich geregelt.
a) Hilfe zum Lebensunterhalt
Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt bestimmt § 19 SGB XII, dass das Einkommen und Vermögen der Ehegatten bzw. Lebenspartner bzw. eheänlicher Partner (§ 20 SGB XII) zusammen zu betrachten ist. Die Ehegatten bzw. Lebenspartner bilden eine Einsatzgemeinschaft.
b) Hilfe zur Pflege und Eingliederungshilfe
Es gilt gem. § 19. Abs. 3 SGB XII das gleiche. Besonderheit: gem. den §§ 82 ff SGB XII gelten höhere Einkommensgrenzen und es müssen bestimmte Leistungen nicht aus eigenen Mitteln finanziert werden (so etwa in Behindertenwerkstätten).
c) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
Bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung kommt es darauf an, ob das Einkommen des Partners den eigenen notwendigen Lebensunterhalt übersteigt. Nur dann besteht eine dem Sozialhilfeträger gegenüber zu berücksichtigende Unterhaltspflicht gegenüber dem Anspruchsteller. Unterhaltsansprüche gegenüber Kindern oder Eltern werden nicht berücksichtigt, es sei denn, deren Einkommen übersteigt 100.000 Euro im Jahr, vgl. § 43 SGB XII.
Der Nachranggrundsatz besagt, dass Leistungen der Sozialhilfe gegenüber Leistungen anderer Sozialleistungsträger nachrrangig sind. Vorrangig sind z.B. Leistungen
– der ges. Unfallversicherung,
– der ges. Pflegeversicherung,
– nach dem Bundesversorgungsgesetz,
vgl. § 13 Abs. 3 SGB XI und § 2 Abs. 1 SGB XII.
Der Nachrranggrundsatz ist unstreitig und unproblematisch, wenn die Leistungen gleichartig sind, etwa bei der Hilfe zur Pflege gem. §§ 61 ff SGB XII und den Leistungen der sozialen Pflegeversicherung.
Anders ist es, wenn die Leistungen nicht gleichartig sind. Die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen gem. §§ 53 ff SGB XII ist deshalb im Verhältnis zu den Leistungen der Pflegeversicherung nicht nachrangig.
Die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen ist eine Rehabilitationsleistung, sie ist darauf ausgerichtet, die gegenwärtige gesundheitliche oder soziale Lage des Hilfeempfängers zu verbessern, sie möglichst unabhängig von der Pflege zu machen, vgl. § 53 Abs. 3 SGB XII. Die Pflege dagegen ist darauf ausgerichtet, den vorhandenen Status zu erhalten.
Der Anspruch auf Eingliederungshilfe kann somit ergänzend auch für pflegebedürftige (schwerbehinderte) Menschen bestehen. Die Engliederungshilfe ist die speziellere Hilfe und hat deshalb im Zweifel immer Vorrang vor der Pflege.
Die Art, die Form und das Maß der Sozialhilfeleistung richten sich gem. § 9 SGB XII nach den Besonderheiten des Einzelfalls, also nach der individuellen Person und ihrem individuellem Bedarf. Es gilt somit das Prinzip der Bedarfsdeckung: alles was notwendig ist, wird erbracht (unter Berücksichtigung des vorhandenen Vermögens und Einkommens und vorrangig verpflichteter Personen und Träger). Dies ist anders als z.B. im Recht der Pflegeversicherung, die nur eine Teilabsicherung bezweckt und deren Leistungen in der Höhe begrenzt sind, dafür aber einkommens- und vermögensunabhängig ist. Folglich können Leistungen der Sozialhilfe ergänzend zu Leistungen der Pflegeversicherung beansprucht werden.
§ 53 Abs. 1 SGB XII bestimmt, dass Personen Eingliederungshilfe zu gewähren ist, die durch eine Behinderung wesentlich in ihrer Fähigkeit eingeschränkt sind, an der Gesellschaft teilzuhaben oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind.
§ 53 Abs. 3 SGB XII stellt klar, dass besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen.
Die Eingliederungshilfe beinhaltet z.B.
– Hilfen zur Schulbildung,
– Hilfen zur Hochschulbildung,
– Kommunikationshilfen
– Hilfen zur Teilhabe am Arbeitsleben, wie etwa die Beschäftigung im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen,
– die Betreuung in einer stationären Einrichtung, etwa einem Wohnheim,
– Leistungen in teilstationären Einrichtungen, wie etwa Sonderschulen, Sonderkindergärten, Fördergruppen für Schwerstbehinderte, Tageseinrichtungen,
und vieles mehr.
Die Möglichkeiten der Eingliederungshilfe sind im Grunde unbeschränkt; es muss nur eine konkrete Maßnahme am Ziel der gesellschaftlichen Eingliederung ausgerichtet sein.
Problematisch ist das Verhältnis von Leistungen der Eingliederungshilfe zu Leistungen der Pflegeversicherung , wenn z.B. in stationären oder teilstationären Einrichtungen Hilfen bei den im Rahmen der Pflegeversicherung leistungsbegründenden Verrichtungen des täglichen Lebens aus den Bereichen der Körperpflege, Mobilität oder hauswirtschaftliche Versorgung erbracht werden. § 74 Abs. 4 SGB XI stellt klar, dass Einrichtungen, in denen die medizinische Vorsorge oder Rehabilitation, die berufliche oder soziale Eingliederung, die schulische Ausbildung behinderter Menschen im Vordergrund steht, nicht als Pflegeeinrichtungen gelten. Somit beinhaltet die Eingliederungshilfe auch die notwendigen Pflegeleistungen. Bei vollstationären Einrichtungen müssen die Pflegekassen jedoch einen Zuschuss von 10 % des Pflegesatzes, maximal 256,- Euro pro Monat, zu den Aufwendungen der Einrichtung für die Grund- und Behandlungspflege leisten, vg. § 43 a SGB XII.
Die Sozialhilfe finanziert die die Heimkosten von behinderten Menschen dann nicht, wenn der Pflegebedarf den Eingliederungsbedarf überwiegt. Das kann aus altersbedingten Gründen oftmals so sein. § 55 SGB XII bestimmt, dass dann, wenn der Träger der Einrichtung feststellt, dass der behinderte Mensch so pflegebedürftig ist, dass die Pflege in der Einrichtung nicht sichergestellt werden kann, der Träger der Sozialhilfe und die zuständige Pflegekasse mit dem Einrichtungsträger vereinbaren, dass die Leistung in einer anderen Einrichtung erbracht wird; dabei ist angemessenen Wünschen des behinderten Menschen Rechnung zu tragen. Angemessen sind jene Wünsche, die auf die Befriedigung eines sozialrechtlich anerkannten Bedarfs zielen:
– Förderung gesellschaftlicher Integration,
– größtmögliche Selbstbestimmung,
– Verbleib in dem gewohnten sozialen Umfeld,
– Abbau von Benachteiligungen.
§ 61 Abs. 1 SGB XII bestimmt, das Hilfe zur Pflege Personen gewährt wird, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen.
Diese Vorschrift deckt sich mit der Pflegebedürftigkeitsdefinition der Pflegeversicherung. Auch die Hilfearten des § 61 Abs. 4 SGB XII, die Verrichtungen des § 61 Abs. 5 SGB XII sowie die Krankheiten und Behinderungen des § 61 Abs. 3 SGB XII sind deckungsgleich zu denen der Pflegeversicherung (vgl. § 14 Abs. 2 – 4 SGB XI. § 61 Abs. 6 SGB XII bestimmt, dass ergänzende Regelungen der Pflegeversicherung anwendbar sind.
Dennoch ist der sozialhilferechtliche Pflegebegriff nicht identisch mit dem der sozialen Pflegeversicherung. Er ist weiter; es werden weitere Pflegebedürftige und Pflegebedarfe erfasst.
– § 61 Abs. 3 Nr. 4 SGB XII schreibt vor, das auch andere Krankheiten und Behinderungen als Ursache einer Pflegebedürftigkeit Berücksichtigung finden.
– § 61 Abs. 1 S. 2 SGB XII: die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit nach § 14 SGB XI müssen nicht vorliegen;auch Menschen, die voraussichtlich für Weniger als sches Monate der Pflege bedürfen, also einen nur vorübergehenden Pflegebedarf haben, können Hilfe zur Pflege erhalten. Der Bedarf darf aber nicht durch vorrangige Leistungen der Krankenkasse abgedeckt werden können.
– Ebenso Menschen, die einen geringeren Hilfebedarf haben, als für Pflegebedürftigkeit i.S.d. sozialen Pflegeversicherung erforderlich ist, also mit Pflegestufe 0, können einen Leistungsanspruch haben. Das ist etwa der Fall bei Pflegebedürftigen, die Hilfe bei der Grundpflege oder häuslichen Versorgung benötigen, der zeitliche Umfang von mindestens 90 Minuten der Pflegestufe 1 jedoch nicht erreicht wird.
– Es können auch andere, als die in der Pflegeversicherung anerkannten Verrichtungen als hilfebedürftige Verrichtungen anerkannt werden. Hier sind z.B. Verrichtungen zu nennen, die von nichtpflegebedürftigen Personen selbständig ohne Fremdhilfe ausgeführt werden können. Zu nennen sind:
– Mobilitätshilfen
– Körperpflege
– Behandlungspflege.
Vorausetzung ist, dass keine vorrangige Leistungspflicht der Krankenkasse gem. § 37 SGB V besteht.
Um generell zu beurteilen, welche Verrichtungen als andere Verreichtungen vom Träger der Sozialhilfe zu berücksichtigen sind, muss die konkrete persönliche Situation des Antragstellers mit dem Ziel der Sozialhilfe in Relation gesetzt werden. Ziel der sozialhilfe ist gem. § 11 SGB XII die Selbsthilfe zu stärken und die aktive Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu fördern. Letzteres bedeutet Kommunikation und Kontakt mit anderen Menschen, die Vermeidung einer sozialen Isolation des Pflegebedürftigen. Somit können Kommunkikations- und Kontakthilfen finanziert werden. (Im Rahmen der Pflegeversicherung wird die Kommunikation nur als Anhang der körperbezogenen Verrichtungen finanziert.) Beispiele sind die Unterstützung beim Briefeschreiben, beim Telefonieren, die Begleitung zu einem Treffen mit einem Freund (Überschneidungen mit der Eingliederungshilfe sind möglich.)
Wer als Pflegebedürftiger keine Leistungen aus der Pflegeversicherung erhalten kann, weil er die dortigen Voraussetzungen nicht erfüllt (z.B. nicht versichert oder notwendiger Grad der Pflegebedürftigkeit ist nicht erreicht) kann die volle Leistung der Hilfe zur Pflege bekommen, also grds. sämtliche Pflegeleistungen. Ausnahmen:
– Pflegegeld bekommen nur diejenigen, die erheblich pflegebedürftig sind, bei denen also ein ein Pflegebedarf im Umfang der Pflegestufe I gegeben ist, s. § 64 Abs. 1 SGB XII. – Hilfe in einer (teil)stationären Einrichtung bekommen Pflegebedürftige mit der Pflegestufe 0 nur, wenn die (teil)stationäre Pflege nach den Besonderheiten des Einzelfalls erforderlich ist, insbesondere ambulante oder teilstationäre Hilfen nicht zumutbar oder ausreichend sind, s. § 61 Abs. 1 S. 2 SGB XII. Wer als Pflegebedürftiger Leistungen der Pflegeversicherung bezieht, kann ergänzende Leistungen der Sozialhilfe bekommen, wenn ein weitergehender, nicht gedeckter Bedarf besteht.
a) § 61 ABs. 2 SGB XII verweist bezüglich des Inhalts der Leistungen der Hilfe zur Pflege auf die Regelungen der Pflegeversicherung. In Betracht kommen somit z.B. Leistungen der stationären, teilstationären, häuslichen Pflege, Kurzzeitpflege und Hilfesmittel. Zu beachten ist, dass es bei der Hilfe zur Pflege keine Begrenzung der Höhe des Leistungsanspruchs gibt, wie sie die Pflegeversicherung vorsieht.
aa) ehrenamtlich tätige Pflegeperson
§ 63 SGB XII bestimmt: Reicht im Fall des § 61 Abs. 1 häusliche Pflege aus, soll der Träger der Sozialhilfe darauf hinwirken, dass die Pflege einschließlich der hauswirtschaftlichen Versorgung durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahe stehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen wird. Gedacht ist hier insbesondere an Familienangehörige oder Angehörige der Wohngemeinschaft.
§ 65 SGB XII legt fest, dass Pflegepersonen i.S.d. § 63 SGB XII kein Engelt für ihre Tätigkeit erhalten. Der Sozialhilfeträger muss nur die angemessenen Aufwendungen (z.B. Fahrtkosten) erstatten, und zwar grds. auf Antrag des Pflegebedürftigen, nicht auf Antrag der Pflegeperson.
Der Pflegeperson können (Ermessen) aber auch Beihilfen gewährt werden und Beiträge der Pflegeperson für eine angemessene Alterssicherung übernommen werden. Die Beihilfen sollen einen Anreiz für die weitere Pflegebereitschaft geben.
Erhält der Pflegebedürftige Pflegegeld gem. § 64 SGB XII so besteht gem. § 65 Abs. 2 SGB XII die Pflicht (keine Ermessen) Beiträge für eine angemessene Alterssicherung der Pflegeperson zu erstatten, wenn diese nicht anderweitig sichergestellt ist. bb) besondere Pflegekräfte
§ 65 Abs. 1 S. 2 SGB XII besagt: Ist neben oder anstelle der Pflege nach § 63 Satz 1 SGB XII die Heranziehung einer besonderen Pflegekraft erforderlich oder eine Beratung oder zeitweilige Entlastung der Pflegeperson geboten, sind die angemessenen Kosten zu übernehmen.
Pflegekraft ist dabei eine Person, die für ihre Dienstleistung ein Entgelt erhält. Die Pflegekraft ist entweder bei dem Pflegebedürftigen oder einem ambulanten Pflegedienst angestellt.
Es gibt keinen monatlichen Höchstbetrag, bis zu dem die Kosten übernommen werden – anders als bei der Pflegesachleistung der Pflegeversicherung. Entscheidend für den Umfang der Hilfe ist allein der individuelle Bedarf des Pflegebedürftigen. Angemessen sind die Kosten, die aus dem tatsächlichen örtlichen Angebot an Pflegekräften ergeben. Bei Angestellten von Pflegediensten ergeben sich die zu erstattenden Kosten gem. § 75 Abs. 5 SGB XII aus den Vergütungsvereinbarungen, die der Pflegedienst mit den Pflegekassen und den Sozialhilfeträgern abzuschließen hat.
Wann und in welchem zeitlichem Umfang ist der Einsatz einer besonderen Pflegekraft erforderlich?
Dies beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Entsprechend der Vorschrift des § 9 SGB XII sind hierbei der individuelle Bedarf sowie die persönlichen, örtlichen und sozialen Verhältnisse zu beachten. Ein Ermessen des Sozialhilfeträgers ist nicht gegeben.
Die Bezahlung einer besonderen Pflegekraft kommt insbesondere auch als ergänzende Hilfe zur Pflege neben dem Bezug von Pflegesachleistungen der Pflegeversicherung in Betracht.
§ 63 S. 3 SGB XII bestimmt klarstellend, dass häusliche Pflege nicht in einer stationären Einrichtung oder teilstationären Einrichtung erbracht werden kann. Pflegeleistungen in solchen Einrichtungen sind durch die Einrichtung zu erbringen.
Die Gewährung von Pflegegeld richtet sich nach § 64 SGB XII. Diese Vorschrift bestimmt, dass es in 3 Stufen erbracht wird. Die Voraussetzungen und die die Höhe des Pflegegeldes entsprechen den Voraussetzungen für die Pflegestufen der Pflegeversicherung und der Höhe der dort erbrachten Leistungen. Daraus folgt, dass Pflegegeld erst dann erbracht wird, wenn erhebliche Pflegebedürftigkeit i.S.d. Pflegestufe I der Pflegeversicherung vorliegt. (Andere Leistungen der Hilfe zur Pflege können, wie oben dargestellt, auch bei einem geringeren Grad der Pflegebedürftigkeit als Pflegestufe I gewährt werden.
Jedoch besteht ein unterschiedlicher Pflegebegriff im Sozialhilferecht im Vergleich zum Pflegeversicherungsrecht. Das kann zur Folge haben, dass im Sozialhilferecht die Pflegestuf I erreicht wird, im Pflegeversicherungsrecht jedoch nicht. Denn der Sozialhilfeträger muss bei der Bemessung der Pflegestufe nicht nur den Hilfebedarf bei den pflegeversicherungsrechtlich relevanten Verrichtungen i.S.d. § 14 Abs. 4 SGB XI und § 61 Abs. 5 SGB XII zugrunde legen, sondern er muss evt. weitere Verrichtungen (s. § 61 Abs. 1 S. 2 SGB XII) als Pflegebedarf berücksichtigen. Das kann z.B. die Hilfe bei der Ermöglichung eines Besuchs sein, s.o..
Vorraussetzung für die Zahlung von Pflegegeld ist, dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld die notwendige Pflege selbst in geeigneter Art und Weise sicherstellt. Der Pflegebedürftige hat dabei die Wahl, ob er eine ehrenamtlich tätige oder eine professionelle Pflegekraft in Anspruch nimmt.
§ 64 Abs. 5 SGB XII bestimmt, dass das Pflegegeld zu kürzen ist, wenn die Leistungsvoraussetzungen nicht für den gesamten Kalendermonat, der mit 30 Tagen bemessen wird, vorliegen.
aa) Pflegegeld und häusliche Pflege
Das Pflegegeld und die Kosten für besondere Pflegekräfte bzw. Beihilfen für Pflegepersonen nach § 65 SGB XII werden nebeneinander erbracht. Das bedeutet, dass der Pflegebedürftige sowohl das Pflegegeld als auch die Erstattung der Kosten für die Pflegekräfte erstattet verlangen. Dies ist eine Unterschied zur Regelung in der sozialen Pflegeversicherung.
Der Sozialhilfeträger kann (Ermessensentscheidung) allerdings gem. § 66 Abs. 2 SGB XII das Pflegegeld um bis zu 2/3 kürzen.
bb) Pflegegeld und teilstationäre Pflege
Pflegegeld kann auch bei teilstationärer Betreuung gezahlt werden. § 66 Abs. 3 SGB XVII bestimmt jedoch, dass es in diesem Fall angemessen gekürzt werden kann.
Die Kürzung ist dann ermessensgerecht, wenn die Pflegeperson durch die teilstationäre Pflege und Betreuung entlastet wird.
Teilstationäre Pflege liegt auch vor, wenn sie in einer Einrichtung der Eingliederungshilfe erbracht wird.
Dies ist ein Unterschied zur Regelung in der Pflegeversicherung; dort kann Pflegeld nur dann anteilig in Anspruch genommen werden, wenn der Höchstbetrag für die teilstationäre Pflege noch nicht ausgeschöpft ist.
Allerdings kann im Bereich der Pflegeversicherung die volle Leistung der Pflegeversicherung, also das volle Pflegegeld, in Anspruch genommen werden, wenn die Kosten der Einrichtung von der Sozialhilfe als Eingliederungshilfe übernommen werden.
Angemessen gekürzt werden kann das Pflegegeld vom Sozialhilfeträger gem. § 66 Abs. 3 SGB XII auch dann, wenn der Pflegebedürftige an einer teilstationären Betreuung vergleichbaren, nicht nach dem SGB XII durchgeführten Maßnahmen teilnimmt. Solche vergleichbaren Maßnahmen sind alle von Sozialleistungsträgern finanzierte Teilzeitmaßnahmen, die eine Entlastung der Pflegeperson darstellen.
cc) Ermessen des Sozialhilfeträgers
Der Sozialhilfeträger hat ein Ermessen, ob er das Pflegegeld bei einer Kombination kürzt. Das heißt, er kann es, muss es aber nicht. Die Kürzung ist der Ausnahmefall, der vom Sozialhilfeträger begründet werden muss. Wie schon erwähnt kommt die Kürzung nur in Frage, wenn die Pflegeperson tatsächlich entlastet wird.
Der Grad der Kürzung liegt ebenfalls im Ermessen. Das Ermessensentscheidungen sind nur beschränkt durch die Sozialgerichte überprüfbar, nämlich i.d.R. dahin, ob überhaupt Ermessen ausgeübt wurde und ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet wurde. Gem. § 35 Abs. 1 S. 3 SGB X muss die Ermessensausübung schriftlich begründet werden, wenn auch die Entscheidung selbst schriftlich ergeht.
aa) § 61 Abs. 2 SGB XII bestimmt, dass auch die vollstationäre Pflege ein Bestandteil der Hilfe zur Pflege sein kann.
Gem. § 75 Abs. 5 SGB XII richtet sich Art, Inhalt, Umfang und Vergütung der vollstationären Pflegeleistungen sowie der Leistungen bei Unterkunft und Verpflegung und der Zusatzleistungen im Pflegeheim nach den Vorschriften des SGB XI.
Das ist der Grund, dass beim Abschluss von Vergütungsvereinbarungen, Rahmenverträgen u.dgl. auch die Sozialhilfeträger beteiligt sind.
Wenn die Einrichtungen der stationären Pflege Leistungen erbringen, die von der Pflegeversicherung nicht übernommen werden, so sind hierüber gesonderte Vereinbarungen mit den Sozialhilfeträgern zu treffen. Diese Leistungen sind etwa die der Eingliederungshilfe oder innerhalb der Pflegestufe 0.
Die vereinbarten Pflegesätze der Einrichtung müssen vollständig vom Sozialhilfeträger übernommen werden.
bb) Qualitätssicherung
Die Pflegeheime sind durch das Gesetz zur Qualitätssicherung verpflichtet. Sie schließen mit den Trägern der Pflegeversicherung und der Sozialhilfe Verträge über die Qualität der Leistung. Werden diese Standards gegenüber den Pflegebedürftigen nicht eingehalten, können die Leistungsträger die Leistungsvereinbarungen kündigen.
a) Wie verhalten sich die Leistungen der Pflegeversicherung zu den Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII?
Wie schon oben dargestellt, kann die Hilfe zur Pflege die der Höhe nach beschränkten Leistungen der Pflegeversicherung ergänzen. § 62 SGB XII bestimmt in diesem Zusammenhang, dass der Sozialhilfeträger die Entscheidung der Pflegekasse über das Ausmaß der Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI bei seiner Entscheidung zugrunde legen, d.h., er ist daran gebunden. Diese Bindungswirkung besteht, wenn die Entscheidung der Pflegekasse auf Tatsachen beruht, die bei beiden Entscheidungen zu berücksichtigen sind.
Im Ergebnis bedeutet das, wenn z.B. die Pflegekasse eine Pflegestufe III festgestellt hat, der Sozialhilfeträger das Vorliegen diese Pflegestufe ebenfalls anerkennen muss.
Da der Pflegebegriff des SGB XII aber weiter ist als der der des SGB XI, muss der Sozialhilfeträger ermitteln, ob ein weitergehender Hilfebedarf bei Verrichtungen vorliegt, die Pflegekasse nicht berücksichtigen muss, also ein Bedarf an Hilfe bei anderen Verrichtungen i.S.d. § 61 Abs. 1 S. 2 SGB XII. Dies wird in den meisten Fällen durch eine Begutachtung des Gesundheitsamtes festgestellt.
Welche Auswirkungen hat einer Höher- oder Herabstufung durch die Pflegekasse?
Wird der Pflegebedürftige von der Pflegekasse hochgestuft in eine höhere Pflegestufe wegen nunmehr erhöhter Pflegebedürftigkeit, so bedeutet dies zwar, dass der Sozialhilfeträger hieran gebunden ist. Er ist allerdings erst dann zur Leistung verpflichtet, wenn er von der Höherstufung Kenntnis erlangt, vgl. Urteil des BVerwG, ZfSH/SGB 2003, 178. Der Pflegebedürftige sollte den Sozialhilfeträger deshalb unverzüglich von dem vermehrten Pflegebedarf unterrichten.
Wird der Pflegebedürftige von der Pflegekasse in eine niedrigere Pflegestufe herabgestuft, so muss er ebenfalls den Sozialhilfeträger unverzüglich hiervon unterrichten, was sich aus der allgemeinen sozialhilferechtlichen Mitwirkungspflicht des § 60 SGB I ergibt.
b) Wie werden die Leistungen der Pflegeversicherung auf die Leistungen der Hilfe zur Pflege angerechnet?
Diese Frage kann nicht pauschal beantwortet werden. Es gilt der Grundsatz, dass Pflegegeld nach § 64 SGB XII und Kosten und Aufwendungen für Pflegekräfte nach § 65 SGB XII nur gewährt werden, wenn der Pflegebedürftige keine gleichartigen Leistungen nach anderen Rechtsvorschriften erhält. § 66 Abs. 1 SGB XII bestimmt, dass ein Pflegegeld nach § 37 SGB XI vollständig auf das Pflegegeld nach § 64 angerechnet werden muss.
Also: nur gleichartige Leistungen können angerechnet werden. Ausserdem ist zu berücksichtigen, dass nach dem Sozialhilferecht Leistungen nebeneinander bezogen werden können, die nach dem Pflegeversicherungsrecht sich gegenseitig ausschließen.
aa) Bei einem ausschließlichen Pflegegeldbezug nach § 37 SGB XI kann grds. kein Pflegegeld nach dem SGB XII bezogen werden. Ausnahme: Es besteht ein höherer Bedarf, etwa weil der Sozialhilfeträger von einer höheren Pflegestufe ausgehen muss als der Pflegeversicherungsträger (Stichwort: Bedarf an Hilfe bei anderen Verrichtungen i.S.d. § 61 ABs. 1 S. 2 SGB XII).
bb) Bei einem ausschließlichen Bezug von Pflegesachleistungen nach § 36 SGB XI können die von der Pflegeversicherung nicht gedeckten, aber notwendigen Kosten des ambulanten Pflegedienstes vom Träger der Sozialhilfe beansprucht werden. Zusätzlich besteht ein Anspruch auf Pflegegeld gem. § 64 SGB XII (dies wird neben den Leistungen des § 65 SGB XII gewährt).
cc) Bei einem Bezug von Kombinationsleistungen nach § 38 SGB XI ist ebenfalls ein ergänzender Bezug von Sozialhilfeleistungen möglich, auch wenn die Pflegesachleistung vollständig auf die Leistung nach § 65 Abs. 1 SGB XII und das Pflegegeld vollständig auf das Pflegegeld nach § 64 SGB XII angerechnet wird. Beispielsweise kann eine Erstattung von Aufwendungen der Pflegeperson in Betracht kommen.
dd) § 66 Abs. 4 SGB XII bestimmt, dass Leistungen nach § 65 Abs. 1 SGB XII nicht gewährt werden, soweit der Pflegebedürftige in der Lage ist, entsprechende Leistungen nach anderen Vorschriften zu beanspruchen. Das bedeutet, dass es nicht möglich ist, das Pflegegeld von der Pflegekasse zu beziehen und die Kosten eines ambulanten Pflegedienstes von der Sozialhilfe erstatten zu lassen; denn es besteht die Möglichkeit, eine Pflegesachleistung aus der Pflegeversicherung in Anspruch zu nehmen.
Etwas anderes gilt, wenn der Pflegebedürftige seine Pflegekräfte selbst beschäftigt, also Arbeitgeber ist. § 66 Abs. 4 SGB XII bestimmt für diesen Fall, dass ein Pflegegeld nach dem SGB XI vorrangig auf die Leistung nach § 65 Abs. 1 SGB XII anzurechnen ist. Der Sozialhilfeträger darf darüber hinaus nicht auf die Möglichkeit, eine Pflegesachleistung aus der Pflegeversicherung in Anspruch zu nehmen, verweisen.
Art. 51 Pflegeversicherungsgesetz bestimmt, dass Personen, die am 31.3 1995 Pflegegeld nach dem BSGH (Bundessozialhilfegesetz) in der damaligen Fassung bezogen, dieses Pflegegeld und zusätzlich ein von der Krankenkasse gewährtes Pflegegeld vom Sozialhilfeträger weiter erhalten. Das gilt auch dann, wenn der Bezieher des Pflegegeldes nach dem neuen Recht nicht pflegebedürftig nach dem SGB XI oder SGB XII ist. Er muss nur bis zum 31.3.1995 tatsächlich Pflegegeld bezogen haben.
Es gilt der Vorrang der ambulanten Hilfen vor den teilstationären und ein Vorrang der teilstationären vor den stationären Hilfen. Dies ist in § 13 Abs. 1 S. 3 SGB XII geregelt.
Ausnahme: In den Fällen des § 13 Abs. 1 S. 4 SGB XII.
Wenn die stationäre Hilfe möglich, geeignet,dem Hilfesuchendem zumutbar ist und die ambulante Hilfe mit unverhältnismäßigen Mehrkosten (die konkret berechnet werden müssen, d.h. es muss ein Heim mit freien Plätzen benannt werden) verbunden ist, dann hat die ambulante Hilfe nicht den Vorrang. Gem. § 13 Abs. 1 S. 5 SGB XII muss die Zumutbarkeit stets vor der Kostenfrage geprüft werden. Liegt Unzumutbarkeit vor, so ist entsprechend § 13 ABs. 1 S. 7 SGB XII kein Kostenvergleich mehr vorzunehmen. § 13 Abs. 1 S. 6 SGB XII bestimmt, dass für die Frage der Zumutbarkeit die persönlichen, familiären und örtlichen Umstände angemessen berücksichtigt werden müssen.
Greift die Ausnahme des § 13 Abs. 1 S. 4 SGB XII, so folt daraus nicht zwangsläufig, dass eine stationäre Unterbrigung allein rechtmäßig wäre. Vielmehr muss der Sozialhilfeträger nunmehr sein allgemeines Ermessen entsprechend § 17 Abs. 2 sGB XII ausüben und danach entscheiden, welche Form der Hilfe angemessen ist. In diesem Zusammenhang muss er angemessen Wünsche des Hilfeempfängers bzgl. der Gestaltung der Hilfe gem. § 9 SGB XII entsprechen. Sie sind allerdings nicht angemessen, wenn sie zu unverhältnismäßigen Mehrkosten führen würden.
Der Vorrang der ambulanten Pflege vor der stationären kann sich auch mittelbar daraus ergeben, dass die Leistungen der Pflegeversicherung Vorrangig vor denen der Sozialhilfe sind, wie es in § 66 SGB XII niedergelegt ist. Aus diesem Vorrang folgt, dass die Pflegekasse vorrangig entscheiden kann, welche Art der Hilfe gewährt wird. Dies ist üblicherweise die ambulante Pflege, denn nur wenn diese nicht möglich oder nicht in Betracht kommt, darf vollstationäre Pflege gewährt werden. Eine Kostenabwägung ist in der Pflegeversicherung nicht vorgesehen. Bewilligt also die Pflegekasse ambulante Pflegeleistungen, muss auch der Sozialhilfeträger ambulanten Hilfen bewilligen. Will er das nicht – unter Berufung auf § 13 ABs. 1 S. 4 SGB XII – so muss er die Kosten der stationären Pflege allein tragen; eine Anrechnung von Leistungen der Pflegeversicherung kann nicht erfolgen.
Sinn und Zweck des persönlichen Budgets ist die Ermöglichung eines selbstbestimmten Lebens für die Leistungsberechtigten.
§ 17 Abs. 2 – 4 SGB IX i.V.m. der Budgetverordnung (BudgetVO) ist die zentrale Vorschrift.
Behinderte Menschen, die einen Anspruch auf Rehabilitations- und Teilhabeleistungen i.S.d. SGB IX haben, können beantragen, dass ihnen der Gegenwert der Reha- und Teilhabeleistungen zusammen mit den Leistungen anderer Träger als persönliches Budget in Geld ausgezahlt wird.
Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege gehören, wie aus § 57 SGB XII und § 61 Abs. 2 S.3 SGB XII folgt, zu diesen anderen Leistungen. Wichtig ist also, dass diese anderen Leistungen neben Reha- und Teilhabeleistungen bestehen.
Die behinderten Menschen können somit erreichen, dass ihnen die Leistungen nicht lediglich als Sachleistungen erbracht werden, sondern dass ihnen der Gegenwert dieser Leistungen in Geld ausbezahlt wird. Sie können dann ihre Hilfen individuell organisieren. Der Wert der Leistung wird ermittelt und als Pauschale festgesetzt.
Das persönliche Budget verstärkt den Vorrang ambulanter Hilfen vor stationären Leistungen, weil es eine Alternative zur Heimunterbringung darstellt. Weiterhin wird der Verwaltungsaufwand herabgesetzt, da nicht mehr über jede einzelne Leistung entschieden werden muss.
Das persönliche Budget wird nur auf Antrag gewährt. Der Antrag kann bei allen Leistungsträgern, die am persönlichen Budget beteiligt sind, gestellt werden.
Es muss ein Anspruch auf Leistungen der Rehabilitation und Teilhabe für behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen i.S.d. SGB IX bestehen. Leistungen der Pflege allein sind nicht budgetierfähig. Beteiligte Reha-Träger können sein:
– die gesetzlichen Krankenkassen,
– die Bundesagentur für Arbeit,
– die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung,
– die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung,
– die Träger der Alterssicherung der Landwirte,
– die Träger der Kriegsopferversorgung und die Träger der Kriegsopferfürsorge,
– die Träger der öffentlichen Jugendhilfe,
– Träger der Sozialhilfe (Hilfe zur Pflege),
– Integrationsämter (§§ 101 ff SGB IX),
– Träger der Pflegeversicherung.
Leistungen nach dem SGB IX und Leistungen der Pflegeversicherung und der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII können kombiniert werden.
§ 35 a SGB XI legt fest, welche Pflegeleistungen des SGB XI, der gesetzlichen Pflegeversicherung, als Teil des persönlichen Budgets in Frage kommen. Das sind die häusliche Pflegehilfe gem. § 35 SGB XI, das Pflegegeld gem. § 37 ABs. 1 SGB XI, Kombinationsleistungen i.S.d. § 38 SGB XI, zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel i.S.d. § 40 Abs. 2 SGB XI und die teilstationäre Tages- und Nachtpflege nach § 41 SGB XI.
§ 17 Abs. 2 – 4 SGB IX i.V.m. der BudgetVO bestimmt, inwieweit die Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII budgetierfähig ist. Danach gilt, dass sämtliche Leistungen, die sich auf alltägliche und regelmäßig wiederkehrende Bedarfe beziehen und als Geldleistung oder durch Gutscheine erbracht werden können, budgetierfähig sind.
-alltäglich: ein Bedarf, der generell häufig im privaten oder beruflichen Alltag besteht
-regelmäßig: bedeutet, dass der Bedarf in etwa gleichbleibenden Zeitabständen auftritt
Die BAR, die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation gibt eine (nicht rechtsverbindliche) Übersicht über all die Leistungen heraus, die nach Ansicht der Reha-Träger budgierfähig sind.
§ 17 Abs. 3 SGB IX bestimmt, dass das persönliche Budget so zu bemessen ist, dass der individuell festgesetzte Bedarf gedeckt wird und die erforderliche Beratung und Untertützung erfolgen kann, wobei die Höhe des persönlichen Budgets die Kosten aller bisher individuell festgestellten, ohne das persönliche Budget zu erbringenden Leistungen, nicht übersteigen soll.
An die Höhe des festgesetzen Budgets besteht für den Budgetnehme für einen Zeitraum von sechs Monaten eine Bindung, s. § 17 Abs. 2 SGB IX.
Das persönliche Budget wird grds. in Geld ausbezahlt, ausnahmesweise werden Leistungsgutscheine erstellt, und zwar:
– die Pflegesachleistungen der Pflegeversicherung, vgl. § 35a SGB XI,
– die Pflegesachleistungen der Hilfe zur Pflege des SGB XII nur dann, wenn aus der Sicht des Leistungsträgers erhebliche Zweifel daran bestehen, dass die Mittel zweckentsprechend für den Leistungsberechtigten eingesetzt werden.
Das persönliche Budget hat eine Mindestlaufzeit von 6 Monaten. Grundlage des persönlichen Budget ist eine sog. Zielvereinbarung i.S.d. $ 4 BudgetVO, in der der Inhalt, Umfang, Zielsetzung, Ausführung und die Dauer des Budgets als Vereinbarung zwischen dem Antragsteller und den beteiligten Leistungsträgern festgelegt werden.
Die Zielvereinbarung kann nur aus wichtigem Grund gekündigt werden, etwas bei Veränderungen in der persönlichen Lebenssituation oder bei erheblichen Veränderungen des Bedarfs.
Der Leistungsträger kann kündigen, wenn z.B. der Antragsteller seinen Verfplichtungen nicht nachkommt. Gleichzeitig muss dann auch der Bewilligungsbescheid aufgehoben werden; hiergegen kann Widerspruch eingelegt werden.
Der Leistungsträger, bei dem der Antrag auf ein persönliches Budget gestellt wurde, unterrichtet die anderen zu beteiligenden Leistungsträger. Diese müssen innerhalb von zwei Wochen eine Stellungnahme abgeben. Danach wird ein in einem Bedarfsfeststellungsverfahren mit dem Antragsteller über die Ergebnisse der Feststellungen beraten. In diesem Verfahren werden die genauen Bedingungen für das persönliche Budget ausgehandelt und in der Zielvereinbarung niedergelegt. Aufgrund dieser Zielvereinbarung erläßt der Leistungsträger einen Bewilligungsbescheid. Dieser ist ein Verwaltungsakt und kann dementsprechend mit Widerspruch und Klage angefochten werden. Das Bedarfsfeststellungsverfahren soll im Abstand von jeweils 2 Jahren wiederholt werden.
Gegen Verwaltungsakte der Sozialhilfeträger ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben, s. § 51 ABs. 1 Ziff. 6a SGB XII. Dies ist eine Neuregelung ab dem 1.1.2005; deswegen gibt es auch Übergangsregelungen.