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Für Geld- und Sachleistungen aus der Pflegeversicherung gilt das Antragsprinzip.
Für Leistungen aus der Pflegeversicherung ist immer ein Antrag bei der Pflegekasse erforderlich. § 33 SGB XI statuiert das Antragserfordernis. Der Versicherte muss also tätig werden.
Für die Antragstellung und zur Wahrung der damit verbundenen Frist genügt ein formloser Antrag. Ein (fern)mündlicher Antrag reicht. Der Antragsteller muss allerdings im Zweifel beweisen, dass der Antrag gestellt wurde (was bei einem telefonischen Antrag problematisch ist). Die Pflegekasse übermittelt dem Antragsteller nach Eingang des formlosen Antrags dann die notwendigen Formulare. Pflegekasse ist immer die jeweilige Krankenkasse, bei der der Pflegebedürftige versichert ist.
Bei vielen Pflegekassen kann man das Antragsformular auch im Internet der jeweiligen Homepage der Krankenkasse herunterladen.
Im Antragsformular auf Leistungen der Pflegeversicherung werden von der Pflegekasse Basisdaten und die Krankenversicherungsnummer abgefragt. So überprüft die Kasse, ob der Versicherte Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung hat, etwa die Vorversicherungszeit (s.u.) erfüllt.
Der Antragsteller muss zudem dauerhaft, also voraussichtlich für mindestens sechs Monate, auf Hilfe angewiesen sein. Aus diesem Grund müssen Daten des behandelnden Arztes angegeben werden.
Die Pflegekasse fragt auch nach den Ursachen der Pflegebedürftigkeit. Grund: Sie prüft, ob eventuell ein anderer Leistungsträger in Betracht kommt, etwa die Unfallversicherung bei einem Arbeitsunfall.
Die Kasse fragt auch nach der Pflegeperson und in welchem Verwandtschaftsverhältnis sie zum Versicherten steht. Pflegen Angehörige, so geschieht das grundsätzlich ehrenamtlich.
Der Versicherte wird weiter gefragt, ob er Geldleistungen oder Sachleistungen oder Kombinationsleistungen beantragt. Zudem erkundigt sich die Versicherung, ob Tages- oder Nachtpflege gewünscht wird oder eine Unterbringung im Pflegeheim ansteht.
Die Angaben im Formular können jederzeit durch einen neuen Antrag korrigiert werden, wenn sich die Situation ändert, also wenn z.B. von Pflegegeld auf Sachleistungen durch einen Pflegedienst übergegangen werden soll.
Antragsberechtigt ist der Pflegebedürftige. Angehörige sind antragsberechtigt, wenn es um Leistungen für sie als Pflegeperson geht.
Gem. § 7 Abs. 2 SGB XI sind der behandelnde Arzt, das Krankenhaus, die Reha- und Vorsorgeeinrichtungen sowie die Sozialleistungsträger verpflichtet – mit Zustimmung des Betroffenen – unverzüglich die zuständige Pflegekasse zu benachrichtigen, wenn sich der Eintritt von Pflegebedürftigkeit abzeichnet oder diese festgestellt wird. Eine solche Mitteilung wird von der Pflegekasse als Antrag gewertet.
Der Antrag muss von der pflegebedürftigen Person oder ihrem Vertreter gestellt werden.
Für den Antrag ist eine Geschäftsfähigkeit i.S.d. Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) nicht erforderlich. § 36 Abs. 1 SGB I (Sozialgesetzbuch Allgemeiner Teil) statuiert, dass Anträge auf Sozialleistungen stellen und verfolgen sowie Sozialleistungen entgegen nehmen kann, wer das 15. Lebensjahr vollendet hat. Es genügt somit der “natürliche Wille” Leistungen in Anspruch nehmen zu wollen.
§ 11 ABs. 1 Nr. 2 SGB X bestimmt, dass auch nicht geschäftsfähige Personen wirksam Verfahrenshandlungen vornehmen können, soweit sie durch Vorschriften des öffentlichen Rechts als handlungsfähig anerkannt sind. Eine solche Anerkennung geschieht durch den besagten § 36 Abs. 1 SGB I. Folglich können die genannten Personen auch z.B. Ärzte von der Schweigepflicht befreien oder in die Untersuchung des Medizinischen Dienstes einwilligen.
Schwierigkeiten können sich bei psychisch kranken, geistig behinderten oder altersdementen Menschen einstellen, wenn sie sich nicht selbständig äußern können. I.d.R. ist dann die Bestellung eines gesetzlichen Betreuers durch das Vormundschaftsgericht notwendig, der dann als gesetzlicher Vertreter des Betroffenen den entsprechenden Antrag stellt bzw. die Rechte des Betroffenen durchsetzt und wahrt.
Die Leistungen der Pflegekasse werden gem. § 33 Abs. 1 SGB XI erst ab Antragsstellung gewährt. Die Zahlung der Pflegekasse erfolgt rückwirkend ab Eintritt der Pflegebedürftigkeit, allerdings nur, wenn der Antrag nicht später als einen Monat nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit gestellt wurde. Ansonsten wird ab Beginn des Monats der Antragstellung gezahlt. Gleiches gilt für Anträge auf Gewährung eines höheren Pflegegeldes wegen Erhöhung des Pflegebedarfs (anderer Pflegegrad).
Der Versicherte muss vor Antragstellung bereits einige Zeit Mitglied der Pflegeversicherung gewesen sein. Leistungen der Pflegeversicherung kann nur beziehen kann, wer in den letzten 10 Jahren vor der Antragstellung mindestens 2 Jahre als Mitglied in der Pflegeversicherung versichert war (selbst oder als Mitglied).
Liegt der Antrag bei der Pflegekasse vor, so überprüft sie, ob die Voraussetzungen für einen Pflegegrad gegeben sind. Die Kasse beauftragt den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) für eine Begutachtung. Das Gutachten wird dann an die Pflegekasse weitergeleitet, die auf seiner Basis über den Antrag entscheidet.
Es gibt gesetzliche Vorgaben hinsichtlich der maximalen Wartezeit zwischen Antrag und Bescheid der Pflegekasse. Danach beträgt die maximale Wartezeit 25 Arbeitstage (5 Wochen). Die Begutachtung muss innerhalb von 20 Arbeitstagen erfolgt sein. Wenn die Pflegekasse das nicht organisieren kann, muss sie dem Antragsteller mindestens drei unabhängige Alternativgutachter benennen. Mit einem von diesen kann der Antragsteller dann einen Termin zur Begutachtung vereinbaren.
Die Frist beginnt mit Eingang des formlosen Antrags bei der Krankenkasse.
Überschreitet die Pflegekasse die Frist, muss sie für jede angefangene Woche, die über das Fristende hinausgeht, 70 Euro Entschädigung an den Antragsteller zahlen.
Die 25 Tage Frist mit ihren Rechtsfolgen gilt erst für Anträge, die ab dem 1. Januar 2018 gestellt werden. Im Übergangsjahr 2017 darf sich die Pflegekasse noch länger Zeit lassen.
Bei der Pflegezeit oder der Familienpflegezeit muss die Begutachtung innerhalb von zwei Wochen erfolgen. So soll verhindert werden, dass die Angehörigen, die eine Pflegezeit beantragen, nicht zu spät feststellen, dass die Voraussetzungen, also insbesondere eine Pflegebedürftigkeit, überhaupt nicht vorliegen. Man sollte als Angehöriger der Pflegeversicherung also sofort mitteilen, dass man plant, eine Pflegezeit zu nehmen.
Im Krankenhaus, einem Hospiz oder einer Reha-Einrichtung muss die Begutachtung innerhalb einer Woche erfolgen, wenn nur so die weitere ambulante oder stationäre Versorgung sichergestellt werden kann oder ein Angehöriger (Familien)Pflegezeit in Anspruch nehmen will
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