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Wenn ein naher Angehöriger erstmals oder verstärkt gepflegt werden muss, hat der Arbeitnehmer, der die Pflege übernimmt, das Recht, bis zu 10 Arbeitstage von der Arbeit fernzubleiben. Eine vorherige Ankündigung ist nicht notwendig. Alle Arbeitnehmer haben auf diese Freistellung ab dem ersten Tag der Beschäftigung einen Rechtsanspruch. Das gilt auch für den 450-Euro-Job.
Die Freistellung von der Arbeit ist wie unbezahlter Urlaub, der Arbeitgeber muss kein Gehalt zahlen.
Dennoch stehen die Arbeitnehmer nicht ohne Geld da. Zwar Zahlt nicht der Arbeitgeber, wohl aber die Pflegeversicherung des Pflegebedürftigen. Sie zahlt an den Beschäftigten, der wegen der Organisation der Pflege kurzzeitig nicht arbeiten kann, ca. 90 Prozent des ausgefallenen Lohns. Das allerdings nur auf Antrag.
Ein Arbeitnehmer, der die kurzzeitige Arbeitsverhinderung aufgrund der Pflegesituation in Anspruch nehmen will, muss diese unverzüglich seinem Arbeitgeber mitteilen. Das muss, wie bei einer eigenen Krankmeldung, in der Regel spätestens morgens bei Arbeitsbeginn telefonisch erfolgen. Die Mitteilung beinhaltet,
– dass man die Freistellung in Anspruch nehmen will
– wie viele Tage man der Arbeit fernbleiben möchte.
Der Arbeitgeber kann im Nachgang eine ärztliche Bescheinigung verlangen, in der attestiert wird, dass der nahe Angehörige „voraussichtlich pflegebedürftig“ ist. Und die Freistellung des Beschäftigten notwendig ist, um die Pflege zu organisieren.
Diese Bescheinigung ist auch erforderlich, um das Pflegeunterstützungsgeld von der Pflegekasse zu erhalten.
Es besteht Kündigungsschutz von der Ankündigung bis zur Beendigung der Arbeitsverhinderung.
Braucht der pflegebedürftige Angehörige für längere Zeit Unterstützung, so ist es oftmals nicht möglich, dass die Pflege neben dem Job durchgeführt wird.
Der pflegende Arbeitnehmer hat die Möglichkeit, für sechs Monate die Pflegezeit nach § 3 Pflegezeitgesetz in Anspruch zu nehmen.
Hierauf besteht ein Rechtsanspruch allerdings nur unter folgenden Voraussetzungen:
– Der nahe Angehörige muss in häuslicher Umgebung gepflegt werden.
– Der Betrieb hat mehr als 15 Beschäftigte.
Die Pflegezeit kann als Auszeit oder Teilzeit genommen werden. Der ausfallende Lohn wird teilweise durch ein staatliches Darlehen ersetzt. Dieses Darlehen muss beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragt werden. Hinsichtlich der Darlehenshöhe geht das Amt davon aus, dass ein Beschäftigter 15 Stunden in der Woche arbeitet, auch wenn tatsächlich überhaupt nicht gearbeitet wird.
Die Pflegezeit muss dem Arbeitgeber 10 Tage vorher angekündigt werden. Es ist daher möglich, die Pflegezeit direkt an die 10-tägige kurzzeitige Arbeitsverhinderung (Krisenmanagement) anzuschließen.
Es besteht ein Kündigungsschutz von der Ankündigung bis zur Beendigung der Pflegezeit.
Reichen die sechs Monate Pflegezeit nicht aus, so besteht die Möglichkeit, eine Familienpflegezeit in Anspruch zu nehmen. Das ist eine pflegedingte Arbeitszeitreduzierung.
Voraussetzung für die Familienpflegezeit ist:
– Die Arbeitszeit muss mindestens 15 Stunden pro Woche betragen.
– Der Betrieb muss mehr als 25 Arbeitnehmer beschäftigen.
Auch hier kann der Nettolohnverlust durch ein zinsloses Darlehen teilweise ausgeglichen werden. Hinsichtlich der Darlehenshöhe geht das Amt davon aus, dass ein Beschäftigter 15 Stunden in der Woche arbeitet.
Pflegezeit und Familienpflegezeit dürfen zusammen eine Dauer von 24 Monaten nicht überschreiten.
Der Angehörige muss mindestens den Pflegegrad 1 zuerkannt erhalten haben.
Die Familienpflegezeit muss 8 Wochen vorher dem Arbeitgeber angekündigt werden. Soll sie sich direkt an die Pflegezeit anschließen, so beträgt die Ankündigungsfrist drei Monate.
Wer zählt zu den nahen Angehörigen? Nach dem Gesetz sind dies: Ehepartner, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft, gleichgeschlechtliche Partner (auch ohne eingetragene Lebenspartnerschaft) Eltern, Großeltern, Kinder, Geschwister, Adoptiv- und Pflegekinder, Enkelkinder, Schwiegereltern, Schwiegersöhne bzw. –töchter, Stiefeltern, Schwäger und Schwägerinnen.
Es besteht ein gesetzlicher Kündigungsschutz von der Ankündigung bis zur Beendigung der Familienpflegezeit.
Kurzzeitige Arbeitsverhinderung | Pflegezeit | Familienpflegezeit | |
Ankündigungsfrist | Ohne | 10 Arbeitstage | 8 Wochen (evt. 3 Monate) |
Betriebsgröße | Keine Vorgaben | Mehr als 15 Arbeitnehmer | Mehr als 25 Arbeitnehmer |
Welche Arbeitnehmer | Alle, auch in Teilzeit oder Minijob | Alle, auch in Teilzeit oder Minijob | Alle, auch in Teilzeit oder Minijob |
Welcher Grad der Pflegebedürftigkeit | Ärztliches Attest: voraussichtliche Pflegebedürftigkeit | Pflegegrad 1 | Pflegegrad 1 |
Welche Angehörige | Nahe Angehörige | Nahe Angehörige | Nahe Angehörige |
Dauer | Bis 10 Arbeitstage | Bis 6 Monate | Bis 24 Monate |
Arbeitszeit | Keine | Keine oder Teilzeit | Teilzeit mit mindestens 15 Stunden pro Woche |
Finanzielle Entschädigung | Pflegeunterstützungsgeld | Zinsloses Darlehen | Zinsloses Darlehen |
Kündigungsschutz | Ja | Ja | ja |